2023-06-02 „Abgeordnet, angefragt“ zur Bundeswehr

Für die Reihe „Abgeordnet, angefragt“ durfte ich dem Haller Tagblatt wieder drei Fragen beantworten. Diesmal ging es um die Bundeswehr.

1) Der Bundeswehr mangelt es an allem, so der Bericht der Wehrbeauftragten. Warum läuft die Beschaffung von Material so schleppend?

Unsere Bundeswehr wurde leider über viele Jahre hinweg kaputtgespart. Die Prozesse waren darauf ausgerichtet, dass kaum Geld aber viel Zeit vorhanden sind. Auch müssen beispielsweise Produktionskapazitäten bei der Industrie wieder aufgebaut werden. Das alles lässt sich nicht von heute auf morgen ändern. Die Weichen sind jetzt neu gestellt: gesetzlich und administrativ. Wir haben schon viele Beschaffungsentscheidungen getroffen. Nach meiner Auffassung werden wir dennoch circa zehn Jahre brauchen, um unsere Bundeswehr so aufzustellen, wie sie sein sollte. Diesen Weg müssen wir aber als gesamte Gesellschaft auf die Dauer weiter gehen.

2) Weniger Frauen und Männer wollen Soldat werden, mehr als 20 Prozent brechen innerhalb eines halben Jahres ab. Woran hakt es?

Um mehr Personal zu gewinnen und zu halten, brauchen wir zum einen die materielle Vollausstattung unserer Bundeswehr. Denn für Ausbildung, Übung und Einsatz muss das Material vorhanden sein. Neben der Beseitigung dieser Mängel muss die Bundeswehr als moderner Arbeitgeber im Hinblick auf Familienfreundlichkeit verstärkt auftreten. Hier müssen Partnerinnen und Partner sowie Kinder mitgedacht werden. Ansonsten ist der Dienst kaum attraktiv. Auch der Fachkräftemangel macht vor unserer Bundeswehr nicht Halt. Deshalb gilt es noch besser aufzuzeigen, welche Möglichkeiten unsere Truppe bietet: Vom Panzergrenadier über den Piloten bis zum “Hacker” gibt es viele mögliche Einsatzfelder. Gut ist, dass unsere Soldatinnen und Soldaten wieder mehr Wertschätzung durch die Bevölkerung erhalten.

3) Braucht es die Rückkehr zum allgemeinen Wehrdienst?

Der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht fehlte die Wehrgerechtigkeit, da immer weniger Männer eines Jahrgangs zum Dienst herangezogen wurden. Außerdem waren nur Männer verpflichtet. Eine Rückkehr sollte es also nicht geben. Für eine Neufassung bräuchte es ein klares Ziel und ein sinnvolles Konzept. Eine Wehrpflicht würde zu keiner kurzfristigen Steigerung der Einsatzbereitschaft unserer Bundeswehr führen. Ich kann mich immer mehr mit einer allgemeinen Dienstpflicht anfreunden, deren Ziel eine Stärkung von Bundeswehr sowie anderer Organisationen wie z.B. Notfallwesen oder Feuerwehr ist. Für deren Einführung bräuchte es aber ein umsetzbares Konzept, einen sehr breiten gesellschaftlichen und politischen Willen sowie mehrere Jahre Aufbauzeit.