Kevin Leiser zieht Halbzeitbilanz

„Die Krisen sind für die ganze Gesellschaft eine extreme Herausforderung. Aber die Gesellschaft hält zusammen und deshalb kommt Deutschland gut durch. Das sollten wir uns vor Augen halten – wenn wir zum Beispiel an die Debatte um die Energiesicherheit vor dem letzten Winter zurückdenken. Es waren auch persönlich zwei sehr fordernde Jahre. Ich durfte viel lernen“, so der Bundestagsabgeordnete Kevin Leiser (SPD) in seiner Rückschau im Rahmen der Abendveranstaltung „Halbzeit im Bundestag“ in Blaufelden im „Spektrum“.

Als Moderatorinnen durch den Abend führten Florentine Baumann und Ronja Jüttner, Abiturientinnen des Gymnasiums Gerabronn. Dort wurde einst Kevin Leisers politisches Interesse geweckt. Rund um das Abitur 2012 führte dieses Interesse zum Eintritt in die SPD. Im Jahr 2019 schaffte er es in den Kreistag sowie in den Gemeinderat. Am 26. September 2021 folgte dann die Wahl in den Deutschen Bundestag. Den Zeitpunkt in der Mitte der Wahlperiode nahm Kevin Leiser nun zum Anlass zu einer Abendveranstaltung zur Zwischenbilanz in seine Heimatgemeinde einzuladen.

Politische Verantwortung zu übernehmen, sei in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit, wie Bürgermeister Michael Dieterich in seinem Grußwort hinwies. Dabei sei es nötiger denn je: „Standhaft stehen wir Demokraten gegen die Feinde unserer Demokratie und für die Werte unseres Grundgesetzes“, betonte er.

Von allen Koalitionsoptionen, die die Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Wahl 2021 möglich machten, sei die Ampel die beste Option gewesen, erläuterte Kevin Leiser. Neben bestehenden Herausforderungen in Bereichen wie Digitalisierung, Klimaschutz oder Infrastruktur habe der russische Überfall auf die Ukraine mit all seinen Folgen für enormen Handlungsdruck gesorgt, ob bei der Aufnahme der ukrainischen Kriegsvertriebenen, bei der Unabhängigkeit von russischem Gas und nicht zuletzt mit Blick auf die Landes- und Bündnisverteidigung und unsere Bundeswehr. Das Sondervermögen Bundeswehr von 100 Milliarden Euro musste deshalb schnell auf den Weg gebracht werden. „Deutschland muss verteidigungsfähiger werden“, forderte Kevin Leiser, der als Mitglied des Verteidigungsausschusses nur wenige Wochen nach seiner Wahl in den Bundestag mit der Bandbreite der Thematik und größter öffentlicher Aufmerksamkeit daran gefordert wurde.

Von den beiden Moderatorinnen zur Wehrpflicht gefragt, sprach sich Kevin Leiser für eine Dienstpflicht aus. Für eine Neufassung bräuchte es ein klares Ziel und ein sinnvolles Konzept. “Eine Wehrpflicht würde zu keiner kurzfristigen Steigerung der Einsatzbereitschaft unserer Bundeswehr führen. Ich kann mich aber immer mehr mit einer allgemeinen Dienstpflicht anfreunden, deren Ziel eine Stärkung von Bundeswehr sowie anderer Organisationen wie zum Beispiel Notfallwesen oder Feuerwehr ist”, so Leiser. Für deren Einführung brauche es aber ein umsetzbares Konzept, einen sehr breiten gesellschaftlichen und politischen Willen sowie mehrere Jahre Aufbauzeit.

Dass sich in der Koalition die Heterogenität der Gesellschaft widerspiegle, mache sich bei Debatten zu einzelnen Sachfragen auch bemerkbar. „Die Ampel muss wieder zurück zum besseren Umgang untereinander, wie es zu Beginn auch war“, mahnte der SPD-Abgeordnete. Gleichwohl seien dies einzelne persönliche Streitereien, die aber umso stärkere mediale Beachtung fänden. Insgesamt funktioniere die Arbeit zwischen Abgeordneten der drei Regierungsfraktionen. „Gerade mit meinen Kollegen Harald Ebner und Valentin Abel vor Ort arbeite ich vertrauensvoll zusammen und habe ein gutes Verhältnis“, wies Kevin Leiser hin.

Mit dem Ukraine-Krieg sei auch hierzulande deutlich geworden, dass Umbrüche der Weltordnung und deren Folgen auch vor Deutschland oder Europa keinen Halt machten. Auch bei seinem zweiten Arbeitsschwerpunkt im Bundestag, dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, werde die aktuelle globale Komplexität deutlich, so Kevin Leiser. Auf eine Nachfrage zum zukünftigen Umgang mit China erläuterte er die „China plus 1“-Strategie. Um eine einseitige Abhängigkeit von China zu vermeiden, sollte bei Handelsbeziehungen und Lieferketten immer ein zweites Standbein vorhanden sein.

Es gebe viel zu tun in Deutschland und Europa. In einigen Bereichen sei zu lange zu wenig gehandelt worden. Ob notwendige Reformen, wie die Regulierung der Migration, oder technische Innovationen, wie zum Beispiel bei der Beschleunigung der Energiewende – die Regierungskoalition habe auf den Weg gebracht, was zu lange nicht angepackt wurde. Aber alle Umsetzung brauche Zeit. „Deutschland befindet sich momentan in einem Flaschenhals. Da müssen wir durch“, fasste Kevin Leiser zusammen.

Von links nach rechts: Florentine Baumann; Kevin Leiser, MdB und Ronja Jüttner