Für die Reihe „Abgeordnet, angefragt“ durfte ich dem Haller Tagblatt wieder drei Fragen beantworten.
Zum Ende des Jahres muss diese Frage gestellt werden: Wird die Ampel das kommende Jahr überleben? Wie kann man die Akzeptanz der Regierung wieder erhöhen?
Ja. Erstens gilt es unsere Lage darzulegen. Wir befinden uns als Land in Dilemmasituationen. Entscheidungen führen auch zu unerwünschten Ergebnissen. Wenn wir sparen, trifft das jemanden. Diejenigen fühlen sich dann nicht wertgeschätzt. Zweitens gilt es Zumutungen gerecht zu gestalten. Unsere Verfassung erlaubt dafür beispielsweise einmalige Krisenabgaben von Multimilliardären. Wir brauchen diese Gierdebatte. Denn es gibt Superreiche, die zu wenig für unser Land leisten. Zur Klarstellung: Unser Koalitionsvertrag lässt das zu. Drittens bedarf es Eingeständnisse von Fehlern. Zum Beispiel gab es zu keiner Zeit einen Rechtsanspruch auf den Umweltbonus für Elektroautos. Aber die Merkblätter staatlicher Stellen vermittelten durchaus einen Anspruch. Es braucht einen verlässlichen Übergang. Viertes gilt es Erfolge zu betonen, darunter Mindestlohn, Rentengarantie und 300 Milliarden Entlastungspakete.
Es ist quasi Halbzeit der Ampel. Was für ein Zwischenfazit ziehen Sie? Was war gut, was weniger?
Die Ampel ist die beste Koalitionsoption, die die Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Wahl 2021 eröffnet haben. Sie arbeitet erfolgreich. So sind zwei Drittel des Koalitionsvertrages umgesetzt oder in Arbeit. Außerdem meistern wir die größten Herausforderungen seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Ich denke aber auch, dass wir als Ampel-Parteien in der öffentlichen Diskussion wieder mehr auf die Gemeinsamkeiten achten und Konflikte effizienter lösen sollten. Zu Beginn unserer Zusammenarbeit hat das hervorragend geklappt.
Sie sind Mitglied im Verteidigungsausschuss. Welche Themen beschäftigen Sie derzeit und wie können etwaige Probleme der Bundeswehr gelöst werden?
Wir haben unsere Bundeswehr wieder gestärkt und Weichen gestellt. Die vollständige persönliche Kampfausstattung kommt bei unseren Soldatinnen und Soldaten an. Circa 66 von 100 Milliarden Euro des Sondervermögens sind vertraglich gebunden. Die Beschaffung ist beschleunigt. Die gesamte Organisation bauen wir weiter um. Wir werden insgesamt circa zehn Jahre brauchen, um unsere Bundeswehr wieder so aufzustellen, wie sie sein sollte. Dabei dürfen wir nicht nachlassen. Denn viele in Mitteleuropa unterschätzen die Bedrohung durch Russland.
Die Fragen stellte Norbert Acker.
Zum Hintergrund für die Aussage, der Koalitionsvertrag lasse eine Krisenabgabe zu, füge ich hier Belege an:
- Zum einen schließt der Koalitionsvertrag selbst weder eine Vermögensabgabe noch Steuererhöhungen aus. Hier können Sie den Koalitionsvertrag abrufen.
- Zum anderen heißt es im Sondierungspapier, das die Grundlage für die Koalitionsvereinbarungen war auf Seite zehn: „Wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen und Steuern wie zum Beispiel die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöhen.“ Zum einen handelt es sich bei der einmaligen Vermögensabgabe nach Art. 106 Absatz 1 Nr. 5 unseres Grundgesetzes genauso wie bei der Vermögenssteuer und der Erbschaftssteuer nicht um neue Steuern. Sie sind sogar in unserer Verfassung verankert. Zum anderen stellt die Formulierung „zum Beispiel“ im zweiten Satz klar, dass sich der Ausschluss von Steuererhöhungen auf eine begrenzte Anzahl an Steuerarten erstreckt. Die Vermögensabgabe, die Vermögenssteuer und die Erbschaftssteuer sind in der Aufzählung, auf die der Ausschluss zutrifft, nicht enthalten. Es wäre sogar eine Einkommenssteuerreform mit dem Sondierungspapier vereinbar, bei der die höchsten Einkommen stärker belastet und die unteren sowie mittleren Einkommen entlastet werden, wenn die Summe der Einnahmen aus der Einkommensteuer nicht erhöht wird. Hier können Sie das Sondierungspapier abrufen.
- Die SPD fordert eine solche einmalige Krisenabgabe (Beschluss vom Bundesparteitag vom 08.-10.12., „Zusammen für ein starkes Deutschland“, Seite 27 unten, hier können Sie den Beschluss abrufen).
- Eine solche Krisenabgabe gab es in der Geschichte der Bundesrepublik bislang einmal, kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Rechtsgrundlage war das Lastenausgleichsgesetz vom 14.08.1952.