„Abgeordnet, angefragt“

Für die Reihe „Abgeordnet, angefragt“ durfte ich dem Haller Tagblatt wieder drei Fragen beantworten.

Russland hat offenbar eine Telefonkonferenz bei der Bundeswehr abgehört. Welche Lehren müssen aus der Panne gezogen werden?

Putin bedroht die NATO durch hybride Attacken unterhalt der Schwelle zu Gewalt und Krieg. Dazu zählen Cyberangriffe, Desinformation, Sabotage und Spionage. Diese Abhöraktion offenbart ein ernstzunehmendes Sicherheitsrisiko, das nach ersten Erkenntnissen auf einem individuellen Anwendungsfehler basierte. Es geht Putin darum, Verunsicherung zu verbreiten und Spaltung zu erzeugen. Wir müssen alle wachsam gegenüber Putins hybriden Attacken sein.

Bundeskanzler Olaf Scholz behauptet, deutsche Soldaten müssten in die Ukraine reisen, um ukrainische Soldaten an Taurus-Marschflugkörpern ausbilden zu lassen. Experten halten diese Aussage für sachlich falsch. Was sagen Sie?

Die Bundesregierung verfolgt bei der Unterstützung der Ukraine vier Prinzipien: kein Alleingang, Erhalt der eigenen Verteidigungsfähigkeit, jede Maßnahme muss Putin mehr schaden als uns, keine Kriegsbeteiligung. Hier ist fraglich, ob wir für unsere Verteidigungsfähigkeit selbst genug Marschflugkörper haben und ob wir zu einer Kriegspartei werden. Ein Gemeinderat wird öffentlich nicht über Grundstücksverhandlungen, Personalfragen oder Betriebsgeheimnisse sprechen. Denn dabei überwiegen das öffentliche Wohl und die Interessen Dritter dem Erfordernis der öffentlichen Transparenz. Es ist bedenklich, dass wir in Deutschland Dinge öffentlich diskutieren, die im Kalten Krieg streng geheim waren. Putin hört mit. Im Übrigen gibt es keine Wunderwaffe.

Haben Sie Verständnis für die nach wie vor zögerliche Haltung des Kanzlers bei Waffenlieferungen?

Die Unterstützung Deutschlands wird faktisch nur von den USA übertroffen. Während Deutschland die Ukraine bislang mit 41 Milliarden Euro unterstützt hat, beträgt die französische Unterstützung nur 18 Milliarden Euro. Wir müssen die Ukraine weiterhin unterstützen. Aber unsere europäischen Partner müssen wesentlich mehr leisten. Friedrich Merz hat bereits im März 2022 öffentlich über eine Kriegsbeteiligung spekuliert. Kaiser Wilhelm II. lässt grüßen. Ich bin dankbar, dass wir mit Olaf Scholz einen besonnenen Bundeskanzler haben.

Anmerkungen:
• Die vier Prinzipien bei Antwort zwei können Sie der Ansprache von Bundeskanzler Olaf Scholz vom 08.05.2022 anlässlich des 77. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges entnehmen: https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/krieg-in-der-ukraine/fernsehansprache-8-mai-2037620
• Die bei Antwort drei genannten Zahlen sind dem Ukraine Support Tracker des ifW Kiel entnommen. Es handelt sich dabei um die Summen der bilateralen finanziellen, humanitären und militärischen Hilfe sowie dem jeweiligen Anteil an den EU-Hilfen (siehe Fig. 4): https://www.ifw-kiel.de/publications/ukraine-support-tracker-data-20758
• Die Spekulation von Friedrich Merz über eine Kriegsbeteiligung können Sie hier entnehmen: https://www.n-tv.de/politik/Merz-schliesst-NATO-Beteiligung-nicht-aus-article23172684.html